MEDIZINISCH-THERAPEUTISCHE ANGEBOTE – VORGESTELLT


Mit dem MZEB sieht man besser

VORGESTELLT: Dr. Anja Klafke und Dr. Sabrina Ott leiten die medizinische Anlaufstelle des Würzburger Blindeninstituts. Damit können gesundheitliche Leiden von behinderten Menschen frühzeitig erkannt werden. Was die jährlich über 1.000 Sprechstunden so besonders macht.

Dr. Anja Klafke und Dr. Sabrina Ott im Behandlungszimmer des MZEBs.

Von links: Dr. Anja Klafke und Dr. Sabrina Ott behandeln in den gemütlich eingerichteten Behandlungszimmern des MZEB Patientinnen und Patienten aus ganz Deutschland.

Für Martin Fink (31 Jahre) ist vieles unerreichbar. Der Bewohner des Würzburger Blindeninstituts ist von Geburt an schwer beeinträchtigt. Es ist ihm nicht möglich zu laufen, zu sprechen oder zu lesen. Doch wenigstens sind ihm etwa 10 Prozent seiner Sehkraft geblieben, sodass er Umrisse erkennen kann. Diese Fähigkeit war nun auch noch wegen eines Grauen Stars akut bedroht. Die Krankheit schlug unvermittelt zu. Orthoptistin und Augenarzt checken die überwiegend mehrfach behinderten Menschen regelmäßig durch, doch bei Fink gab es beim Sehorgan zuletzt keinerlei Auffälligkeiten. Als Dr. Sabrina Ott ihren Patienten Fink im Februar an einer anderen Stelle untersuchte, fiel ihr auf, dass mit den Augen etwas nicht stimmte. Die Internistin ist stellvertretende Leiterin des Medizinischen Behandlungszentrums für erwachsene Menschen mit komplexer Behinderung (MZEB). „Das Besondere bei uns ist“, sagt die 42-Jährige, „dass wir die Zeit haben, auch links und rechts zu schauen, und uns hier sehr eng mit den anderen medizinischen Bereichen abstimmen können.“ Das MZEB versteht sich als weiterer Baustein neben der haus- und fachärztlichen Versorgung. Wenn behinderte Menschen erstmal erwachsen geworden sind, gab es für sie bis vor einiger Zeit keine adäquate Anlaufstelle bei gesundheitlichen Beschwerden. Das Würzburger MZEB ist Anfang 2018 direkt auf dem Gelände der Blindeninstitutsstiftung am Greinberg entstanden und eines von derzeit sieben in ganz Bayern. Über 1.000 Sprechstunden führe man jährlich durch, berichtet Ott. Ein Teil der etwa 750 Patientinnen und Patienten wohnt in Einrichtungen des Blindeninstituts, der Rest kommt von außerhalb. „Unser Stammgebiet ist ganz Unterfranken“, sagt Leiterin Dr. Anja Klafke. „Es fahren aber auch Menschen aus Hessen, Thüringen und sogar aus Berlin zu uns.“ Erklärtes Ziel sei es, jeden Patienten nach hausärztlicher oder fachärztlicher Überweisung regelmäßig mitzubeurteilen. „Wir können dabei sehr stark auf die Bedürfnisse und Ängste eingehen“, berichtet Klafke und zeigt eines der gemütlich eingerichteten Behandlungszimmer. Am Boden liegen noch die Brösel vom eben zu Ende gegangenen Termin. „Bei uns darf man zwischendrin auch essen, wenn einem danach ist.“

Auf diesem Bild spielt Martin Fink zusammen mit einer Erzieherin.

Martin Fink war vor seiner Operation an den Augen häufig unruhig. Erzieherinnen wie Monique Hellfritsch erkennen solche Verhaltensveränderungen frühzeitig.

Ein weiterer Bestandteil des Konzepts sei es, so die 46-jährige Neurologin, dass die Ärzte und Therapeuten nacheinander in das Zimmer kommen, damit der Patient nicht von Tür zu Tür laufen und sich immer wieder neu einrichten müsse. Die Gerätschaften wie EKG oder Ultraschall sind prinzipiell aufgeräumt und werden – wenn notwendig – auf Rädern herbeigeschoben. In der Regel sei der gesetzliche Betreuer bei den Behandlungen mit dabei, sagt Klafke. „Wir nehmen uns auch die Zeit, Diagnose und Therapieansätze so zu erläutern, dass es ein Laie versteht.“ Ein wichtiger Aspekt sei in diesem Zusammenhang die Nachkontrolle, also „ob unser Behandlungsplan auch wirklich beherzigt worden ist. Wenn nicht, fragen wir nach, woran das liegt. Denn es könnte ja einen triftigen Grund haben.“ Nicht alles könne vor Ort gemacht werden.Neben Operationen oder dem klassischen Röntgen ist das etwa auch eine Computertomographie. „Hier arbeiten wir eng mit der Anästhesie an der Klinik Kitzinger Land und der dort niedergelassenen MainRadiologie zusammen“, sagt Ott, die dort zuvor als Oberärztin die Kitzinger Intensiv- und Notfallmedizin geleitet hat. „CT und MRT bedeuten gerade auch für behinderte Menschen großen psychischen Stress. Daher gehen wir hier sehr behutsam vor.“ Bei Olga Niarou (48), ebenfalls eine Bewohnerin des Würzburger Blindeninstituts, konnte durch eine CT-Untersuchung ein auffälliges Gewebe entdeckt werden, das sich glücklicherweise als gutartig herausgestellt hat. „Ihr blieb damit ein schwerer und langer Weg bis zur Diagnose erspart“, so Ott. Ortswechsel: Martin Fink fühlt sich in der Hängeschaukel seiner Wohngruppe am Greinberg unterhalb des MZEB sichtlich wohl. Erzieherin Monique Hellfritsch streichelt ihm immer wieder über den Kopf und singt Lieder vor. Finks linkes Auge ist noch gerötet, aber die Operation war erfolgreich. Die schwache Sehkraft bleibt ihm wohl erhalten. In den Wochen davor war der 31-Jährige häufig unruhig; er hat wohl gespürt, dass etwas mit seinen Augen nicht stimmt. Solche Verhaltensänderungen fallen neben den betreuenden Personen auch Psychologinnen auf. Den Bereich der seelischen Gesundheit deckt das MZEB ebenfalls ab. Mit dieser medizinischen Anlaufstelle der Blindeninstitutsstiftung sieht man eben besser.

Das MZEB Würzburg

  • Anfang 2018 gegründet
  • Eine von sieben Einrichtungen in Bayern
  • über 1.000 Sprechstunden/Jahr
  • Anlaufstelle für ca. 750 Patienten